Aber pass auf! – Urlaub am Arbeitsort?

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Blogpost Auslandsentsendung Namibia 3

Meine Auslandsentsendung als Projektleiter für die Entwicklung eines biomassegefeuerten Kraftwerkprojektes in Namibia dauert nun 1,5 Jahre an. Mein Mantra begleitet mich nach wie vor: wiederkehrende und lieb gemeinte Hinweise, dass ich auf mich aufpassen muss – vor allem unterwegs.

[Aber pass auf, wenn das Jahr zu Ende geht]

Inzwischen hatte die Adventszeit begonnen. Bei einem Wochenendausflug an den Waterberg mit schweißtreibender Klettertour in der Mittagshitze ziehe ich mein persönliches Jahresfazit: Ich habe viel erlebt und genieße meinen neuen Alltag. Sommerliche Temperaturen in der Vorweihnachtszeit sind mir zwar noch fremd, aber ich finde Gefallen daran, dass Kälte und Schnee fehlen. Die Feiertage verbringe ich dennoch im Kreis meiner Familie in Deutschland. Zugleich bereite ich meinen Jahresurlaub vor: Ich will Namibia, Botswana, Simbabwe und Sambia bereisen. Und zwar auf dem Motorrad. Und schon wieder höre ich sie es sagen: „Aber pass auf

[Aber pass auf im Urlaub]

Vor mir liegen etwa 4750 km, davon rund ein Drittel nicht asphaltiert. Der Plan sieht vor, über Silvester einen Lahmeyer Kollegen in Maun (Botswana) zu treffen. Er hatte für unser Morupule Projekt die Weihnachtsvertretung übernommen und zwischen den Jahren ein paar Tage frei.

Blick übers TalBei einem Tankstopp in Gobabis, Namibia, treffe ich eine südafrikanische Familie. Sie sind mit einem Auto und einem Motorrad ebenfalls auf dem Weg nach Maun. Wir entscheiden uns, die nächsten 1,5 Tage gemeinsam zu fahren. Auch den Abend verbringen wir miteinander. Am Ende bin ich irritiert: Niemand sagt, dass ich aufpassen soll! Menschen mit einer gewissen Abenteuerlust verstehen offenbar meinen Antrieb. Und sie haben mit eigenen Augen gesehen, dass nicht jeder Schritt gefährlich ist, den man in Afrika unternimmt.

Am nächsten Tag geht es weiter nach Maun. Nervös werde ich, als wir auf halber Strecke die Motorräder betanken müssen und keine der drei Tankstellen im Ort Benzin hat. Ich feiere spontan meine Entscheidung, einen Benzinkanister mitzuführen, und tanke am Straßenrand nach. So kommen wir bis in die nächste Ortschaft, um die Maschinen vollzutanken. In Maun angekommen, verabschiede ich mich von den Südafrikanern, die mich inzwischen in ihre Familie aufgenommen haben. Die gebuchte Unterkunft ist noch 40 km entfernt.

[Aber pass auf, wenn es geregnet hat]

Auch mein Kollege erreicht die Lodge, und wir genießen einen Sundowner und ein gutes Abendessen. Am nächsten Tag ist Silvester. Wir sind die einzigen Gäste. Unser „privater“ Koch serviert uns ein persönliches Silvestermenü. Was ein Service! Für den Neujahrsmorgen haben wir eine Einbaum-Tour im Okavango-Delta gebucht, die mit einer kleinen Safari verbunden ist. Der Reichtum an Pflanzen und Tieren ist beeindruckend.

Meine nächste Etappe bringt mich nach Nata. Hier erlebe ich einen unvergesslichen Moment. Beim Durchqueren des Makgadikgadi-Nationalparks passiert es: 500m vor mir kreuzen drei ausgewachsene Elefanten die Straße. Auf Safaris habe ich schon Elefanten gesehen, aber noch nie freilebend. Kein Zaun, kein Parkpersonal – nur drei Elefanten und ich. Ein unbeschreibliches Gefühl!

Elefant on the road

Zwei Tage später wage ich ein Experiment. Obwohl mir unter anderem wegen der Straßenverhältnisse mehrfach abgeraten wurde, passiere ich in Pandamatenga die Grenze nach Zimbabwe. Ein 60 km langer, schlammiger Feldweg liegt vor mir. In einer großen Pfütze verliere ich das Gleichgewicht, falle zur Seite und stecke fest! Ein Ehepaar aus Südafrika mit einem Pick-up kommt zu Hilfe. Kaum hatte ich „Hallo“ gesagt, ist schon ein Abschleppseil zur Hand, das mich aus der misslichen Lage befreit.

Tief im simbabwischen Busch sehe ich kleine Dörfer, Kinder winken mir zu und ich ärgere mich über die ungerechtfertigten, warnenden Sprüche anderer, die mich dieses Abenteuer hätten verpassen lassen, hätte ich darauf gehört.

Feldweg

[Aber pass auf, wenn es Essen gibt]

Mein nächstes Ziel sind die Victoria Falls. In der Lodge angekommen, frage ich einen Angestellten, ob er mir einen Wasserschlauch leihen könne, um meine Maschine vom Matsch zu befreien. Er nickt und schickt mich mit meinem Gepäck ins Zimmer. Als ich zurückkomme, steht ein sauberes Motorrad vor mir. Ich bin baff und drücke ihm ein gerechtfertigtes Trinkgeld in die Hand. Schon wieder eine Begegnung mit einem großartigen Menschen.

Etappe Victoria Falls Am darauffolgenden Abend bin ich über Sambia bereits zurück in Namibia und plane die nächsten Tage. Ich möchte von Rundu in das 700 km entfernte Opuwo fahren und bin unsicher, ob das bei den Straßenbedingungen an einem Tag zu schaffen ist. Ich entscheide, es zu versuchen. Um 5:00 Uhr morgens fahre ich los und habe bis mittags die halbe Strecke geschafft. In der Stadt Oshakati sind es fast 40 Grad Celsius und ich versuche, in den Motorradklamotten nicht zu dehydrieren. Gegen 18:00 Uhr erreiche ich erschöpft Opuwo und falle komatös ins Bett.

Von Opuwo aus freue ich mich, ein Himbadorf und die Epupafalls an der Grenze zu Angola zu besuchen. Das Personal in der Lodge empfiehlt mir den Besuch eines Museumsdorfs. Doch ich möchte das richtige Leben sehen. In meinem Reiseführer steht, dass man weiter im Norden einfachen Zugang zu realen Dörfern hat. Die Bewohner würden sich über mitgebrachte Lebensmittel freuen. Ich kaufe ein paar Grundnahrungsmittel und Süßigkeiten und mache mich auf den Weg.

Nach ca. 60 km sehe ich ein kleines Dorf und entscheide, mit den Bewohnern Kontakt aufzunehmen. Als ich näherkomme, laufen die Kinder verschüchtert davon. Einige ältere Damen sitzen im Schatten, zwei junge Mädchen kochen am offenen Feuer. Ich gehe auf sie zu und stelle fest, dass niemand English versteht. Via Zeichensprache frage ich, ob ich Bilder machen darf. Die Reaktion bestärkt mich darin, hier stehen geblieben zu sein. Selten bin ich so freundlichen und zuvorkommenden Menschen begegnet. Als ich nach einer halben Stunde gehen möchte, bestehen die Dorfbewohner darauf, dass ich zum Essen bleibe. Zwei Männer kommen hinzu, einer spricht etwas English. Er bedankt sich nochmal herzlichst für die Lebensmittel. Wir sitzen alle im Kreis und essen aus einem Topf. Mit den Händen entnehme ich gegrilltes Rindfleisch und einen Maisbrei (Milie Pap). Ich erinnere mich an die schlauen Hinweise meiner Kollegen, schüttle den Kopf und genieße das Erlebnis.

Aussicht

Die letzte Tagesetappe nach Grootberg begleitet mich ein ebenfalls solofahrender Motorradfahrer aus Frankreich. Ich kann nicht glauben, wie schnell die vergangenen zweieinhalb Wochen verflogen sind. Traurig stelle ich am nächsten Abend meine Maschine in der Garage in Windhoek ab. Ich wäre gerne noch weitergefahren.

Vic Falls

Im Nachhinein haben mich viele Leute gefragt, welcher Ort mir auf der Reise am besten gefallen hat. Landschaftlich war ich von der namibischen Weite und den mächtigen Victoria Falls beeindruckt. Aber etwas anderes bewegt mich mehr. Die Tatsache, dass ich an jeden einzelnen Ort, den ich gesehen habe, eine Erinnerung an einen großartigen Menschen habe.

[Aber pass auf, da kommt bald was zum Weiterlesen]

Und dann hat der Ingenieur einmal nicht aufgepasst? Das nächste Mal mehr.

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