Als junge Frau auf der Baustelle in Angola

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Wasserkraftanlage in Lauca, Angola

Für mich als Frau und Ingenieurin ist eine Baustelle für ein Wasserkraft-Projekt in Afrika ein interessanter Ort zum Leben. Diese Erfahrung habe ich länger als dreieinhalb Jahre in Angola gemacht und könnte ein Buch schreiben über die Erlebnisse und Anekdoten.

Neue Herausforderungen: Schlangen und Portugiesisch

Als ich die Position angeboten bekam, als Planungs-Ingenieurin im Bauüberwachungs-Team auf dem Wasserkraftprojekt Laúca mitten in Angola zu arbeiten, klang das wie ein riesiges Abenteuer. Ich hatte schon Fotos gesehen von Kollegen, die auf der Baustelle waren. Bilder vom Fluss Kwanza, tief in das Tal eingeschnitten, umgeben von viel Grün. Berichte von Affen, Krokodilen und Schlangen und eine neue Sprache: Portugiesisch! Als ehemalige Kolonie Portugals hat Angola Portugiesisch als Amtssprache übernommen. Sofort wurde mir klar: Das wird eine interessante Herausforderung!

Der Fluss Kwanza von oben

Die Reaktionen von Familie, Freunden und Kollegen waren sehr unterschiedlich. Die einen waren begeistert, vor allem meine Freunde aber entsetzt. Die Kollegen eher skeptisch, wie lange ich als wohlbehütete junge Dame wohl im angolanischen Busch bei einem Männeranteil von 98% durchhalten würde. Ich packte meine Koffer und startete im März 2014 ins Abenteuer Groß-Baustelle.

Sprengungen rund um die Uhr

In Laúca angekommen, hundemüde von der Reise und dem Schlafmangel der Tage davor aufgrund der Aufregung, kam die erste Ernüchterung ziemlich schnell. Die Verständigung auf Portugiesisch trotz Sprachkursen vor der Abreise war äußert schwierig. Zum Glück hatte ich noch eine Handvoll deutsche Kollegen um mich. Meine Unterkunft für das erste halbe Jahr erwies sich als Metall-Baracke, immerhin ein Einzelzimmer mit eigenem WC und Dusche. Die Mahlzeiten nahmen wir in der Kantine ein. Möglichkeiten zum Selbstkochen gab es keine. Für Notfälle hatte ich vorgesorgt mit einem Glas Nutella, Pumpernickel, Vollkornbrot, Müsliriegeln, Gummibärchen und viel Schokolade im Gepäck aus Deutschland.

Wasserkraftwerl LaúcaDer gewöhnungsbedürftigste Aspekt meines neuen Lebens jedoch waren die Sprengungen rund um die Uhr. Das Camp war nicht weit entfernt von der Baustelle und die oberirdischen Ausbrucharbeiten für den Staudamm und das Einlaufbauwerk in vollem Gange. Ich wurde regelmäßig nachts aus dem Schlaf gerissen vom Knall der Detonationen und den folgenden Erschütterungen.

Den Startschwierigkeiten gegenüber standen die hochinteressanten Touren über die Baustelle mit den Kollegen. Im Pickup über unbefestigte Straßen fahren, spektakuläre Sonnenuntergänge und Sundowner an den Samstagen sowie regelmäßige Einladungen zu Bier und Gegrilltem, Churrasco genannt.

Sport auf der Baustelle

Soviel Fleisch und Bier zeigten schnell ihre Wirkung, ich musste mir ein Sportprogramm überlegen. Laufschuhe hatte ich mitgebracht, also fing ich mit Joggen an. Beachvolleyball spielten wir gelegentlich und Tennis probierte ich aus, allerdings bin ich eher Individualsportler und Ballspiele nicht so mein Ding. Als dann noch Fitness-Studios eingerichtet wurden, überzeugte mich Karsten, ein deutscher Kollege, auch das zu probieren. Joggen und Fitness-Studio wäre mir in Deutschland nicht in den Sinn gekommen. Und beides unter „erschwerten“ Bedingungen, stand ich doch ständig unter Beobachtung als eine der wenigen weißen Frauen auf der Baustelle. Die Angolaner begleiteten meine Laufrunden durchs Camp mit Anfeuerungsrufen und Pfiffen. Ich lernte schnell alles zu ignorieren, zumal ich die Sprüche auf Portugiesisch anfangs eh nicht verstand. Die Jungs im Fitness-Studio boten mir dafür zahlreiche Unterstützung bei Kraftübungen an und rieten mir zu Protein-Shakes.

Die Baustelle zum Wasserkraftwerk LaúcaIch wurde immer respektvoll behandelt. Aber ich musste auch lernen, mich durchzusetzen, da man mir vieles nicht zutraute. Im Nachhinein bin ich unheimlich stolz darauf, was ich geleistet habe, angefangen mit dem Lernen einer neuen Sprache. Ich konnte umfassende Kenntnisse in den Ingenieursbereichen Geotechnik, Bauwesen, Maschinenbau und Elektrotechnik sammeln und anwenden. Und ich lernte mich durchzubeißen in schwierigen Phasen, wenn ich mal mein Leben in der Zivilisation Deutschlands vermisste.

Was ich vermisse seit ich zurück in Deutschland bin? Eindeutig die Baustellentouren! Zu sehen was der Mensch in wenigen Jahren auf die Beine stellen kann. Wie ein Staudamm wächst, die Tunnel länger werden und Turbinen und Generatoren in absoluter Präzisionsarbeit montiert werden, ist wirklich faszinierend.

Dia Internacional da Mulher – Der Tag der Frau hat in Angola einen hohen Stellenwert und ist einer der nationalen Feiertage. Ich empfand es als was Besonderes, was ich aus meiner deutschen Heimat so nicht kannte. Kaum aus dem Haus, wurde ich von zahlreichen Angolanern, aber auch Brasilianern und Portugiesen beglückwünscht, als ob ich Geburtstag hätte.

Dia Internacional da Mulher

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